Hinreizend

Jan Bosschaart glossiert den fast schon poetisch geführten Kampf ums Haus des Reisens

Dass das Haus des Reisens in ein Haus des Abreißens gewandelt wird, ist nun gewiss. Dass es um den Abriss einen Aufriss gibt, war zu erwarten. Dass die mehrgeschossige Argumentation so durch die Decke geht, nimmt dann aber doch Wunder. Zu fast schon poetischen Ausführungen hat sich die „Andere“ in einer Erklärung hinreißen lassen: Um dem zu folgen und das Haus des Reisens als „Erholung fürs Auge“ und als „interessanten Ruhepunkt im Umfeld eintöniger Barockfassaden“ zu begreifen, müsste einem aber schon ein Abrissstein auf den Kopf fallen. Nimmt man diese Denkweise jedoch ernst, bietet sich optische Befriedung an vielerlei Stellen an. Das von postmoderner Grafitti-Hochkultur und Rost geprägte FHP-Gebäude wäre nach behutsamer Umbettung geeignet, das Auge von all dem eintönigen Barock in Sanssouci zu entlasten – und von den grauenhaften Sichtachsen. Das Belvedere verlöre viel von seiner anstrengenden Filigranität, nutzte man es als Randbebauung des umgelagerten, in seiner Klarheit innerlich reinigenden Mercure-Hotels weiter. Und Touristengruppen sollten nicht durchs kreuzlangweilige Holländische Viertel, sondern in den Schlaatz: Nur hier lässt sich der „Geist des Optimismus und der Zukunftsgewandtheit“, der die „Andere“ am Haus des Reisens reizt, ohne barocken Zierrat erleben.

Erschienen am 22.05.2009

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