Was bleibt: Danke, wir melden uns!

An den normalen bis schlechten Tagen – das Sommerloch sei hier nur als Stichwort eingeworfen – geben Pressetermine zurzeit nicht viel her. Fast scheint es, als drücke die feuchte Schwüle auch auf die Nachrichtenlage. Da buddeln dann Landtagspräsidenten auf Baustellenbesichtigungen lustlos eine noch kurz vor Eintreffen der Pressemeute verscharrte Weinkiste mit zwei Spatenstichen wieder aus, alles lächelt milde über diese irgendwie voll lustige Idee und über das Etikett, auf dem der Finanzminister „Tyrannenblut“ entziffert, und selbst die gründliche Verkostung desselben – des Tyrannenbluts, nicht des Ministers – bei 30Grad und 85 Prozent Luftfeuchte vermag den Vormittag nicht zu retten. Doch dann wiederum gibt es jene seltenen guten, nein: richtig guten Tage, an denen schon die Terminmappe selbst ein Ereignis ist. Da sorgt die Ankündigung, die neue Kulturbeigeordnete werde als eine ihrer ersten Amtshandlungen einer Premiere im T-Werk beiwohnen, dessen Titel nach Auffassung vieler eigentlich ins Antwortschreiben auf ihre Bewerbung gehört hätte, für ressort- und medienübergreifende Erheiterung: „Danke, wir melden uns …“ Jugendliche, so verrät der Begleittext, setzen sich in diesem Stück mit der Selbstvermarktung in der heutigen Gesellschaft auseinander. Absichtliche Selbstironie ist ja eine Tugend; wie zufällige Ironie, in erheiternde Termine gegossen, zu bewerten ist, steht noch dahin. Die Terminmappe interessiert das wenig. Sie lädt indes für Freitag zum Fußballturnier der Jugendsparte des Lionsclub, dem „Leo-Cup“. Der Finanzminister ist angekündigt, unter einer Eckfahne oder dem Mittelkreis dürfen also Weinflaschen vermutet werden, ebenso im Blut jenes Texters, der für das „Event“ das Motto „Rock den Rasen – o-Leo-le!“ ausrief. „Ojeoje“ läge phonetisch und inhaltlich näher, doch auch damit nicht genug des üblen Spiels, den Wahnsinn – das ist jetzt ein Zitat! – krönt die Kochschule „Rock the kitchen“, die am Freitag die Potsdamer zum Kochen bringen will – auch das ein Zitat. Zusammen mit „Ihnen als eine Einheit“ wollen dort Galaköche „ein Erlebnis schaffen“. „Bei (sic!) einer Mischung zwischen Wahnsinn, Perfektion und einer Prise rockigem Flair (sic!)“ dürfen Teilnehmer „ihren Sinnen freien Lauf lassen“. Da müssten sich also auch Kulturbeigeordnete und Finanzminister heimisch fühlen. Nachdem es sich um ein „Kick-Off-Event“ handelt, könnte eigentlich auch der o-Leo-le-Cup gleich in der Küche stattfinden. Warm und feucht und im Zweifel auch (be-)drückend ist es dort ja ohnehin, und eine Weinflasche unter den Fliesen zu verbergen, sollte die rockigen Organisatoren nun wirklich nicht überfordern.

Erschienen am 01.07.2009

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