Der andere Wochenrückblick I

Es ist selbst für einen Sechstklässler kein Problem, die Logik hinter der Regelmäßigkeit, mit der in Schönwalde Betriebsjubiläen von der Gemeinde gewürdigt werden, in den einfachen Satz zu packen: „Ab dem 25. Jubiläum wird alle fünf Jahre gratuliert.“ Mit solchen Grundschulsätzen kommt man in der Verwaltungswelt allerdings nicht weit, weshalb es angeraten scheint zu beweisen, dass der um Worte ringende Beamte den vom Steuerzahler quersubventionierten Kurs „Unklar Formulieren für mehr Intransparenz“ nicht nur besucht, sondern auch höchst erfolgreich abgeschlossen hat. Deshalb enthält der Jubiläums-Gratulations-Beschluss Schönwaldes nun folgenden Passus, der zweifelsohne zur schönsten Verwaltungsprosa der letzten Jahre gezählt werden darf: „Gratuliert wird zum 10-jährigen Jubiläum, zum 15-jährigen Jubiläum, zum 20-jährigen Jubiläum und zu jedem Jubiläum 20+5•n (n Element von Z=1 … unendlich). Unendlich in diesem Fall ist indes nicht nur „Z“ …

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Um die Havelländer zu stilvollerem Schenken zu animieren, hat ein großer Supermarkt in Falkensee seit kurzem ein hübsches kleines Präsentregal in sein Sortiment aufgenommen. Dort finden sich so reizende Dinge wie eine in Klarsichtfolie verpackte Red-Bull-Dose, die von einem Gipsengel gekrönt wird, auch Badeöl und -schwamm in Knisterklarsicht und – quasi als die Krönung des guten Geschmacks – eine Kaffeetasse für „Café Latte“. Um den subtilen Humor dieses Geschenkes für 7,95 Euro vollends erblühen zu lassen – möglicherweise ist der Beschenkte wegen Unterkoffeinierung nicht sofort in der Lage, die ganze Spannbreite dieses Wortspiels zu erfassen –, ist unter dem Schriftzug „Café Latte“ ein, sagen wir es frei heraus, Penis abgebildet, der sich fröhlich dem Mund des Kaffeefreundes entgegenreckt und dabei verschmitzt grinst. Wohl dem, der seinen Morgen mit solch diffizilem Spaße beginnen kann. Er wird wohl bessere Tage haben als der Rest von uns. Damit auch die Abende besser werden, liegt im Innenbereich der Tasse – dort, wo der fröhliche Geselle nicht hinblicken kann – noch ein Fläschchen „Pop-Korn“. Auch hier dient das Etikett mit einem – nun ja: kopulierenden – Paar quasi als sekundärliterarische Interpretationshilfe. Falls dann der Groschen immer noch nicht gefallen ist, hilft die aufs Etikett gedruckte Unterzeile: „Hilft dem Vati auf die Mutti“. Glücklich, wer so reich beschenkt wird!

Erschienen am 10.05.2008

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