Kurze Wege, lange Betreuung

Kita in Uni-Nähe eröffnet / Betreiber plant schon die nächste in Golm

EICHE Edwina hat beschlossen, das Konzept der Frühförderung ernst zu nehmen. Wie das so ist mit den wirklich wichtigen Entschlüssen, musste er schnell und ohne Rücksicht getroffen werden. Die Vierjährige mit den kecken Zöpfen und den tiefschwarzen Knopfaugen entschied sich für musikalische Frühförderung mit Schlaginstrumenten. Dass es ausgerechnet den Eröffnungstag der Uni-Kita an der Kaiser-Friedrich-Straße traf, mag sie bedauert haben, aber wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. So bearbeitete Edwina stoisch die Trommel, während gestern früh Wissenschaftsministerium Johanna Wanka (CDU), Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), die Rektoren der Uni und der Fachhochschule Potsdam und andere Honoratioren von Kita-Leiterin Martina Günther durch die großzügigen Räume geführt wurden, die das Studentenwerk im Erdgeschoss des Studentenwohnheims für rund 700 000 Euro errichtet hat. 33 Jungen und Mädchen werden seit einer Woche dort von sieben Erzieherinnen und zwei Praktikanten betreut, hauptsächlich die Kinder von Studierenden und Hochschul-Angestellten. „Externe“ dürfen zwar auch in diese Kita, aber nur, wenn Plätze frei sind, und danach sieht es auf absehbare Zeit nicht aus: Die 60 Plätze für Kinder zwischen zwei Monaten und sechs Jahren sind längst vergeben, 20 Elternpaare stehen auf der Warteliste. Es scheint, als haben die Eltern nur auf so ein uninahes Betreuungsangebot gewartet. Wie Martina Günther verriet, steht der Betreiber, die Kinderwelt gGmbH, wegen des Andrangs bereits mit den Hochschulen, der Stadt und dem Studentenwerk in Verhandlung, um in Golm eine weitere Kita zu ermöglichen.
Der gestrige Nachmittag gehörte den Eltern und Kindern. Edwina war mittlerweile auf ein Becken umgeschwenkt, das sie jedem erwartungsfroh entgegenhielt, in der Hoffnung, er würde es schlagen. In der Wahl der Mittel war sie nicht festgelegt und ließ Finger, Kugelschreiber und Kuchengabeln als Schlegel gelten. Stellte sich über längere Zeit kein Impulsgeber zur Verfügung, nahm die kleine Chinesin ihre Ausbildung selbst in die Hände und bediente sich der Fensterbretter, Stuhlkanten und Tischbeine zum Scheppern. Die 17 Monate alte Lilli tappte ihr eine Weile fasziniert hinterher, als fordere sie zur Polonaise auf. Lillis Mutter Marie Wohlbrandt schaute mit einem Lächeln zu, nach einem stressigen Tag: Sie nahm gestern ihr Lehramtsstudium auf und zeigte sich glücklich, einen Kita-Platz ergattert zu haben. Die kurzen Wege und vor allem die flexiblen Betreuungszeiten von 7 bis 20 Uhr kämen ihr sehr entgegen, sagte sie. Da sie erst am Samstag nach Potsdam zog, bleibe dank Uni-Kita ein wenig Zeit, die Wohnung herzurichten.
Wenige Stunden später rüsteten Günther und ihre Kolleginnen zur dritten Feier an diesem Tag: Die Kinderwelt dankte den Helfern. Danach ging für das Team ein langer, stressiger erster Tag zu Ende. Vermutlich haben ihnen dann die Ohren geklingelt.

Erschienen am 16.10.2007

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