DAS WAR DIE WOCHE: Angeschnitten

Sie stand im Zeichen des Advents, der noch gar nicht begonnen hatte, diese Woche; im Zeichen eines Weihnachtsmarktes, der nach der überwiegenden Meinung (auch der nichtreligiösen) Potsdamer noch nicht hätte öffnen sollen. Das verhinderte aber nicht, dass es bei der Eröffnung auf dem Luisenplatz allerlei Munteres zu entdecken gab, denn erstmals übernahm Baudezernent Matthias Klipp den traditionellen Stollenanschnitt.

Man merkte Klipp an, dass seine mittlerweile drei Jahre in einer Stadt unter Haushaltssicherungskonzept und seine regelmäßigen Auseinandersetzungen mit dem Kämmerer um ein bisschen mehr vom Kuchen nicht ohne Folgen geblieben sind: Während der Stollenbäcker daumendicke Stücke vom Adventsgebäck säbelte, schnitt Klipp hauchdünne Scheibchen und provozierte damit unter den Anstehenden den Kommentar: „Willy, wir jehn in die andere Schlange. Der vonne Stadt ist knickrich“. Dabei wollte Klipp nur, dass möglichst viele in den Genuss des Gebäcks kommen. Doch dass nur Undank seiner Mühen Lohn sei, ist ja eine gern geführte Klage des Dezernenten.

Um so freigiebiger zeigte sich der Baubeigeordnete dafür mit etwas anderem: Obwohl sicht- und hörbar erkältet, schnitt Klipp mit bloßen Händen und verteilte auch aus denselben, wo der Bäcker stets eine Serviette zwischen sich und den Stollen brachte. Der Modebegriff „Virales Marketing“ bekam so eine völlig neue Bedeutung. Ob damit auch Klipps in letzter Zeit umstrittene stadt- und verkehrsplanerische Überzeugungen auf die Bürger übergingen, wird sich noch erweisen müssen.

Zuvor hatte sich der Dezernent noch öffentlich gefreut, endlich mal wieder etwas entscheiden zu dürfen, nämlich, wer Stollen bekommt und wer nicht. Nach Monaten, in denen die Politik so manchen Klippschen Plan (Staudenhof-Erhalt, keine Alte Post) zunichte gemacht hatte, hoffte der Mann offenkundig auf etwas Mitleid. Die bedauernden „Oochs“ blieben aber aus – oder sie gingen im „Halleluja“ des Bläserquartetts schlicht unter.

als Klipp vor dem Anschnitt an der Fußgängerampel am Luisenplatz warten musste, zeichnete sich eine letzte Chance zur Lösung der umstrittenen frühen Marktöffnung ab: die Klippsche Pförtnerampel, für die ihn insbesondere Pendler und Umlandgemeinden ziemlich lieb haben. Klipp hätte den Konflikt schlicht lösen können, indem er die Ampel bis nach Totensonntag einfach auf „rot“ gestellt und den Stau am Markteingang erst am Montag aufgelöst hätte. Tat er aber nicht.

Derweil ist Potsdam nicht die einzige Stadt, der eine öffentliche Debatte um ihren Weihnachtsmarkt letztlich soviel Aufmerksamkeit bescherte, dass es am Ende voller war als in den Vorjahren. In Dresden ist der zentrale Weihnachtsbaum so hässlich, dass die lokalen Medien schon von der „Schandfichte“ sprechen, die die Stadt weltweit blamieren würde. Daraufhin kommen nun Tausende, um den „müden, schlappen, hässlichen Baum“ mit eigenen Augen zu erblicken. Vielleicht eine Idee fürs nächste Jahr. Auch wenn es nur abgekupfert wäre, hätte es doch den Charme, dass es der Kirche schnurz ist.

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