Diskriminiert

Diskriminierung ist zweifellos böse — egal, ob Frauen, Homophile, Ausländer, Andreas Menzel oder andere Minderheiten betroffen sind. Dem abzuhelfen, wurde die politische Korrektheit erfunden, und, eng mit ihr verschwistert, die gerechte — vor allem geschlechtergerechte — Sprache. Wie mit allem Guten lässt es sich aber auch hier trefflich übertreiben. So erreichte uns diese Woche ein Schreiben einer evangelischen Einrichtung, in der von „Kindern und Kinderinnen” die Rede war. Das man jetzt schon neutrale Substantive gendert („dschändert”), war selbst uns Sprachverhunzungsgeplagten neu. Dagegen war die ebenfalls erwähnte „Christen- und Christinnenheit” fast harmlos. „Christenheit” ist ja wenigstens männlich. Also grammatisch gesehen.

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Bei aller sonstigen berechtigten Kritik an der Boulevardzeitung mit den vier großen Buchstaben — dass sie sich nicht um Diskriminierung verdient machte, kann man ihr kaum vorwerfen. Dass sie es mit der Sprache aber nicht so hat, schon. Da wurden diese Woche auf der Titelseite „Kinder zu Tode gemeuchelt”. Das hat uns dann doch ein wenig überrascht, wusste doch schon Konrad Duden, dass Meucheln für „heimtückisch ermorden” steht. Zu Tode meucheln wäre dann quasi zu Tode ermorden. Das erscheint uns seltsam überflüssig, speziell bei einer Zeitung, die an allem anderen spart — inhaltlicher Substanz, Wahrheit, Bekleidung der abgebildeten „Models” und Text. Nur mit der Größe von Fotos und Überschriften ist sie freigiebig.

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Freigiebig zeigte sich auch jener Herr in Kleinmachnow, der am Mittwoch einem Autofahrer erst sein Handy und dann noch sein Portemonnaie, seine EC-Karte und den Personalausweis gegen die Frontscheibe warf, die dabei glatt zerbarst. Grund des Wutanfalls war nach eigenen Angaben der schlechte Empfang. Das lässt drei Fragen offen: Wird der Empfang besser, wenn man das Handy mit der Autoantenne verbindet? Flog das Portemonnaie hinterher, weil der Herr sich um die Schadensregulierung bemühen wollte? Und wieso spricht der Polizeibericht von einem Unbekannten, wenn doch auch der Personalausweis gegen den Audi prallte? Bewiesen ist mal wieder nur eines: Wo Geld ist, kommt Geld hinzu. Da fährt das Opfer schon einen Audi und bekommt auch noch Handy, Geld und EC-Karte geschenkt. Na gut, und einen Riss in der Frontscheibe. Der Werfer hatte dafür offenbar einen Riss in der Schüssel. Aus unserer Sicht also: Gleichstand.

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Wohnen in Potsdam wird immer teurer, Villen und Einfamilienhäuser quasi unbezahlbar, weil nicht verfügbar, das lernten wir diese Woche aus einem Immobilienbericht. Die Überraschung hielt sich in Grenzen, derlei Botschaften ist der leidgeprüfte Potsdamer gewohnt. Dass die Wohnungsnot indes auch aufs Tierreich übergeht, kam dann doch überraschend. So wird es nicht nur in den Aquarien des Naturkundemuseums eng, wie wir diese Woche lernen durften, in Langerwisch wird jetzt Geschosswohnungsneubau für Störche betrieben, die ansonsten auch kein Appartement auf dem angespannten Mietmarkt finden. Da gab es sogar schon Gerangel um Wohnungen, Hand- beziehungsweise Schnabelgreiflichkeiten. Und in Töplitz haben Nilgänse (und Nilgänsinnen) einfach mal einen Storchenhorst besetzt. Wenn das keine Diskriminierung ist. Wo ist nur die evangelische Kirche, wenn man sie braucht?

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