Medialer Massenauftrieb

Schein und Sein in Zossens Presselandschaft

Vom sich selbst gern wahnsinnig wichtig nehmenden Potsdam aus betrachtet wirkte der Einzugsbereich der Zossener Rundschau wie eine medial befriedete Zone: Die MAZ als einzige lokale Zeitung, keine Radiosender, keine Fernsehanstalt – als gewöhnlicher Volontär erwartet man da keinen besonderen medialen Auftrieb. Bekanntlich kommt es aber erstens anders und zweitens als man denkt, und von dieser vielleicht universellsten aller Weisheiten war auch Zossen nicht bereit, eine Ausnahme zu machen: Da flimmerte plötzlich Zossens Marktplatz über den Fernsehschirm, und ein stellvertretender Bürgermeister versuchte, dem nicht eben sympathisch auftretenden NDR-Filmteam eine nicht existierende Rechtslage klarzumachen: Er behauptete, im öffentlichen Raum dürfe ohne Genehmigung nicht gefilmt werden, und er sagte das mehrfach in die Kamera, zur wachsenden Amüsiertheit des Filmteams, während sich der irritierte Fernsehzuschauer fragte, ob die mediale Befriedung der Stadt so weit geht, dass man sich mit dem Presserecht im Bürgermeisteramt gar nicht auskennt? Mit „glücklos“ ist der Auftritt jedenfalls noch vorsichtig umschrieben. Und das ist pressetechnisch noch nicht alles, was einem Neuen hier begegnet: Auch die „Zossener Stimme“, die dem Amtsblatt beiliegt, kommt recht professionell daher. Gut, es scheint sich eher um ein journalistisch anmutendes Werbeblatt der Bürgermeisterin zu handeln, aber das muss in Wahlkampfzeiten ja kein Nachteil sein. Logisch, dass die anderen Fraktionen da stänkern und die „Stimme“ weghaben wollen. Aber ein Medium muss Widerstand aushalten können, hieß es im Studium immer – eine Lektion, die offenbar auch der NDR kennt: Statt nämlich – wie von der Bürgermeisterin angekündigt – die „manipulierte Darstellung“ öffentlich richtig zu stellen, brachte das TV-Team diese Woche eine zwar arg überzogene, aber muntere Nachklappe zu den Zossener Verhältnissen, in denen die Stadt nun wirklich schlecht wegkam: Hinterwäldlerisch und provinziell waren noch die geringsten Vorwürfe.
Macht also zwei Lektionen. Erstens: In Zossen ist medial die Hölle los. Und zweitens: Das versprechen vier spannende Monate zu werden.

Erschienen am 13.09.2008

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