Entsetzen in Chor und Kirche

Neonazi: Rainer Link war im Berliner Oratorienchor bislang unauffällig / Illegale Straßenüberwachung

ZOSSEN | Die Geschichte um den Zossener Neonazi Rainer Link, die Stolpersteine vor seinem „Medienkombinat“ in der Berliner Straße und die Folgen nimmt kein Ende. Zwar hat der Holocaustleugner Link den umstrittenen Bierkasten nebst Aufsteller, den er gern auf die Erinnerungssteine stellte, mittlerweile durch einen lieblos geschmückten Weihnachtsbaum ersetzt, doch steht auch der gern mal auf statt neben den Mahntafeln. Zudem überwacht Link sein Geschäft und die Straße davor mit einer Kamera, deren Live-Bilder sich jederzeit im Internet abrufen lassen – inklusive aller Aufzeichnungen seit dem Tag der Einrichtung. Rainer Link überwacht damit öffentliches Straßenland, was laut Gesetz nur der Polizei erlaubt ist. Weil er auf diese Weise das Recht auf die sogenannte „informationelle Selbstbestimmung“ jedes Passanten und jedes Autofahrers in der Berliner Straße verletzt, die im Aufnahmebereich der Kamera vorbeikommen, und weil dank des online gestellten Bildarchivs sogar Bewegungsprofile möglich sind, kann dagegen jeder bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten.

„Das ist hochgradig illegal“, sagte Lena Schraut, Pressesprecherin der Landesdatenschutzbeauftragten in Brandenburg. Sie könne nicht verstehen, warum die Zossener das bislang hinnähmen und sich dieser Überwachung aussetzten, berichtete Schraut der MAZ. Die Enthüllungen über diverse Mitgliedschaften Links in neonazistischen und holocaustleugnenden Vereinigungen haben nicht nur in Zossen für Entsetzen und Irritationen gesorgt, wo sich zum Beispiel in der Kirchengemeinde und der Jungen Gemeinde viele von ihm abwandten, die Link bislang schätzten. Auch im Berliner Oratorienchor, dem der Zossener angehört – er singt die Bassstimme –, sorgte die Nachricht für Entsetzen. Ein Mitglied des geschäftsführenden Vorstands sagte der MAZ, man habe sich zwar noch keine abschließende Meinung gebildet, sei aber „entsetzt“ über die „sehr, sehr unerfreuliche“ Nachricht. Wegen der Weihnachtspause habe der Chor die „schreckliche Neuigkeit“ noch nicht diskutieren können. Chorleiter und Maestro Thomas Hennig sagte der MAZ, er stehe noch unter Schock und erwarte eine heftige Diskussion im Vorstand und im Chor. Die Überzeugungen und Aktivitäten von Rainer Link seien ihm bisher nicht bekannt gewesen. „Für solche Bodenlosigkeiten darf es kein Verständnis geben“, so der renommierte Chorleiter, der sich bislang gar nicht vorstellen kann, wie der für 2009 geplante Mendelssohn-Schwerpunkt unter diesen Umständen eingeprobt werden soll. Auch wenn alle Chor-Spitzen betonten, dass eine Entscheidung erst in gemeinsamer Diskussion nach der Weihnachtspause getroffen werden kann, ließ niemand einen Zweifel daran, dass die Zusammenarbeit mit Rainer Link künftig nicht mehr vorstellbar sei.

Live-Überwachung aus dem Internetcafé unter www.meinungsfreiheit.org/zossen

Erschienen am 23.12.2008

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