Abtauen will durchdacht sein

Warum der Osterspaziergang nur bedingt als Empfehlung taugt

Die ersten wirklichen warmen Tage sind eine gute Gelegenheit, es der Natur gleichzutun und irgendetwas abzutauen. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche“, weiß Goethe, und man muss das durchaus als Empfehlung lesen – für den heimischen Kühlschrank etwa. Prinzipiell eine gute Idee, doch undurchdachtes Abtauen birgt Gefahren. Nicht nur, wenn man die Auffangschale vergisst und erst durch den frostig guckenden Nachbarn, aus dessen Decke es tropft, an den selbst verschuldeten Frühling in der Küche erinnert wird. Sondern auch dann, wenn der Frost als Eisbombe vom Himmel regnet, wie am Sonnabend in Schulzendorf geschehen. Mag sein, dass sich die als Verursacher im Verdacht stehende Flugzeugtoilette ebenfalls beim alten Goethe inspirieren ließ: „Von dorther sendet er, fliehend, nur ohnmächtige Schauer körnigen Eises in Streifen über die grünende Flur.“ Dem be- und um ein Haar auch ge-troffenen Ehepaar war angesichts des stinkenden Klumpens jedenfalls alles andere als poetisch zumute, und selbst die Lust auf den naheliegenden Osterspaziergang verging ihnen, deren Auto infolge der handballgroßen unbestellten Eisbombe eine veritable Beule verunzierte. Landrat Martin Wille (SPD) und Flughafen-Geschäftsführer Thomas Weyer werden wissen, warum sie sich am Montag für die Übergabe der Baugenehmigung des BBI ins entferntere und außerhalb der Flugrouten liegende Lübben zurückziehen.
Schließlich enthält der grobkörnige Eisregen vom Osterwochenende auch noch eine Weisheit zur Gründung des NPD-Ortsvereins Königs Wusterhausen: Nicht alles, was zunächst schneeweiß aussieht und quasi von oben auf Dahme-Spreewald herabsinkt, ist auch rein. Meist verwandelt es sich rasch in eine übel riechende braune Masse.

Erschienen am 14.04.2007

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