Was bleibt: Wie Ritter der Kokosnuss
Kommt ein Mann ins Museum und sagt: „Ich habe hier eine antike Statue, bitte stellen Sie sie aus!“ Sagt der Direktor: „Sie irren, das ist nur Nippes vom Trödelmarkt. Da steht ,made in China’ drauf.“ „Ja, aber es erinnert mich an eine antike Statue. Stellen Sie es aus!“ „Das kann ich nicht tun. Außerdem haben wir hier schon genug Statuen aus dieser Zeit.“ „Na und?“ „Das würde nicht nur unser Museum in Verruf bringen, man würde sich auch über Sie als Spender lustig machen.“ – „Trotzdem!“
Das klingt albern und ist ausgedacht – aber es ist von der Realität inspiriert. In Wahrheit ging es so: Kommen die Grünen in den Bauausschuss und sagen: „Da steht ein Rest der Grenzmauer an der Bertinistraße, die muss unter Schutz gestellt und erhalten werden!“ Sagt die Bauverwaltung: „Sie irren, das ist keine Hinterlandmauer. Das ist nur die Einfriedung einer Logistikeinheit der Grenztruppen, die zudem lange vor dem Mauerbau dort stand!“ „Dann erinnert es ja trotzdem an die Grenze. Stellen Sie es unter Schutz!“ „Daneben gibt es einen echten Grenzturm, den stellen wir ohnehin schon unter Schutz.“ „Na und?“ „Wenn wir dieses wackelige Fragment stehen lassen, kippt es bald auf den Gehweg und gefährdet Passanten. Außerdem können wir die Straße dann dort nicht ausbauen.“ – „Trotzdem!“
Dieses Beharren offenbart einen abstrusen Charme, wenn man es zu Ende denkt. So ließen sich etwa sämtliche Uferwege unter Schutz stellen, weil dort Grenztruppen ihre Stiefel drauf gesetzt haben. (Die FDP als Mitantragsteller würde sich bei dieser Forderung zurückziehen, aber Verluste gibt’s halt überall.) Schritt zwei wäre dann, alle DDR-Bauten in Grenznähe zu erhalten oder herzustellen, weil nur so das Flair des früheren Mauerumfelds für künftige Generationen erlebbar wird. Das bisschen Bürgerprotest dagegen lässt sich sicher aussitzen.
Anderswo wirft man den Grünen gern vor, eine Partei zu sein, die sich statt um die Menschen nur um Mopsfledermäuse kümmert. In Potsdam geht das an der Realität vorbei. Hier kümmern sich Grüne vor allem um Denkmäler und Asphalt und darum, in der Stadtverordnetenversammlung mit Clownsnase zu sitzen, wenn der Oberbürgermeister spricht, was zugegebenermaßen der lockeren Stimmung sehr zuträglich ist. Cineasten hingegen wissen, dass der Mauervorstoß nur eine Hommage an den legendären britischen Komiker Monty Python war. Der lässt in „Die Ritter der Kokosnuss“ zwei Kämpfer aufeinander treffen. Der eine schlägt dem anderen erst einen Arm ab („Nur eine Fleischwunde!“), dann den nächsten („Dann spuck’ ich Dir halt ins Gesicht“), schließlich ein Bein („Komm doch, komm doch!“ erklärt der Einbeinige hopsend) und letztlich auch das andere. Als der Sieger seiner Wege zieht, ruft ihm der Torso nach: „Einigen wir uns halt auf unentschieden!“ In diesem Sinne: Hut ab! Ihr Grünen lasst Euch von nichts kleinkriegen. Nicht mal von Argumenten. Oder, wie der grüner Überzeugungen unverdächtige Helmut Kohl einst sagte: „Ich lasse mir doch von Ihrer Sachkenntnis nicht meinen politischen Willen verwässern.“
Erschienen am 03.02.2011