Futterneid

Über tierische Neulinge in der Stadt und ihre nicht sehr nette Begrüßung

Da wird nun immer geklagt, man müsse die Gästezahlen in der Stadt erhöhen, gerade die Amerikaner fehlen, und dann das: Kaum siedeln sich mal einige an, ist es den Potsdamern auch wieder nicht recht. Weil mal eine Mülltonne umfiel, weil’s mal auf dem Dachboden rappelte oder weil mal ein Fischlein aus des Nachbars Teich fehlte. Dabei verfügt der Waschbär – und nur um den geht’s – doch über durchaus sympathische Eigenschaften: Er ist clever, niedlich und versöhnt durch seinen namensstiftenden Bauch die Mehrzahl der Männer mit dem ihren. Doch was passiert in dieser vermeintlich so weltoffenen Stadt, dieser familienfreundlichen Metropole? Freut man sich über junge, gut ausgebildete Waschbärenpaare, die sich für ein Leben in der Berliner Vorstadt entschieden haben, ein Leben mit Blick auf Wasser, Parks, Weltkulturerbe und immer volle Mülltonnen? Mitnichten. Vergrämt soll er werden, der Waschbär, und wenn das nicht gelingt, wird scharf geschossen. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ sieht anders aus. Das hinterlässt natürlich Spuren in des Bären Gemüt. Hielten die Neulinge unter Potsdams Tieren dereinst noch eng zusammen, regiert nun der Futterneid: Berichten zufolge räumte ein Waschbär kürzlich einen Teich wertvoller japanischer Koikarpfen leer.

Erschienen am 03.07.2012

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