Stilvoller Scheitern

Ein Ratgeber für ehemalige und – ja, auch – aktuelle Kommunalpolitiker

Das Rausfliegen gehört zu den elementaren menschlichen Erfahrungen. Stets imponiert es als Krise, als ein Nicht-gut-genug-sein, und stellt den Rausgeflogenen daher vor eine schwierige Lage: Reparatur- und bestenfalls sogar Renovierungsarbeiten am Ego sind angesagt. Großen Geistern gelingt es, sich aufzurappeln, ja gestärkt daraus hervorzugehen, weil sie eine wichtige Lektion über die eigene Fehlbarkeit gelernt haben. Kleine Geister verkriechen sich im Selbstmitleid, schimpfen auf die Ungerechtigkeit der Welt oder jener imaginären oder konkreten Jury, die die – natürlich falsche – Entscheidung traf: Sei es nun das Wahlvolk an den Urnen, die öffentliche Meinung oder irgendein PopSuperTopModelStarsTalent-Juror a lá Detlef-Dieter-D.-Soost-Bohlen. Wir wissen nun nicht, wie Annemarie aus Rangsdorf ihr vorzeitiges Ende bei den „Popstars“ verkraftet. Immerhin wirkte die 19-Jährige bislang natürlich und bodenständig genug, um darüber nicht am eigenen Lebensweg und der eigenen Bedeutung zu zweifeln. Was man von jedem Lokalpolitiker nicht unbedingt reinen Herzens behaupten kann. So mancher, der es am 29. September nicht wieder in den Ortsbeirat oder die Gemeindeversammlung geschafft hat, oder der dort lieb gewonnene Fraktions- oder Ortsvorsteherposten räumen musste, versucht sich nun in einer Spezialform außerparlamentarischer Opposition: Hinkommen, meckern, geharnischte Leserbriefe verfassen lautet der dissonante Dreiklang dieses öffentlichen Zweit-Scheiterns, sehr zum Ärger der neu Gewählten, die gern konstruktiv Arbeiten würden, und sehr zum Spott der Öffentlichkeit.
Freilich muss das nicht sein. Betätigungsfelder für gerechte Empörung, für geharnischte Leserbriefe oder einfach nur Erschütterung böten sich dieser Tage allein in Zossen genug. Aber was war schon das bisschen Holocaust gegen aktuelle lokalpolitische Verwerfungen?

Erschienen am 29.11.2008

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