„Clever, oder?“

Satire: Ein Interview mit Staatssekretär Steffen Kampeter zum Griebnitzseeufer, das nie stattgefunden hat

Steffen Kampeter (CDU) ist Staatssekretär im Finanzministerium. Jan Bosschaart hätte gern mit ihm über den Uferweg gesprochen.

MAZ: Herr Kampeter, seit Wochen bitten wir um ein Interview, aber Sie haben partout keine Zeit. Wir haben daher beschlossen, uns nicht nur ein paar Fragen, sondern gleich auch Ihre Antworten auszudenken. Geht das in Ordnung?
Steffen Kampeter: Lieb ist mir das nicht, aber ich kann wohl wenig dagegen tun. Also fangen Sie schon an.

Danke! Sie haben sich im Bundestag schon 2005 für den Griebnitzsee interessiert, da waren sie noch einfacher Abgeordneter aus Minden/Westfalen – woher das Engagement?
Kampeter: Das hat mit meinem alten Kumpel Balthy zu tun. Balthasar Schramm. Der wohnt am Uferweg. Wir kennen uns noch aus meiner Lobbyisten-Zeit: Er war als Sony-Chef ein hohes Tier in der Musikindustrie, ich Vorsitzender des Dialogforums Musikwirtschaft der CDU. Waren tolle Tage, damals, nur wurde der Balthy immer trauriger. „Steffen“, seufzte er im Sonnenuntergang beim Wein auf seiner Seeterrasse, „da unten laufen Leute über mein Grundstück, du musst was tun.“

Ihre kleine Anfrage im Bundestag blieb ohne große Wirkung.
Kampeter: Ja, aber der Balthy hat sich letztlich selbst helfen können. Gott sei Dank verboten die Richter am Oberlandesgericht ja den Pöbel zwischen Terrasse und Bootssteg.

Doch jetzt können Sie wirklich helfen …
Kampeter: Genau! Die Stadt will 3,2 Hektar Uferland vom Bund kaufen, um ihre Ausgangsposition im Streit um den Weg zu verbessern. Der Deal wäre um ein Haar durchgewesen. Mittlerweile bin ich aber Staatssekretär. Mein Minister hat mit Griechenland zu tun, da konnte ich den Verkauf an die Stadt stoppen – wegen Haushaltsbedenken. Clever, oder?

Sie wollen, dass der Bund die Grundstücke am Markt anbietet, damit eine interessierte Sperrergruppe kaufen kann?
Kampeter: Stimmt. Glücklicherweise sind sogar ein paar Argumente auf unserer Seite: Schließlich verdient der Bund dann mehr. Die klamme Stadt kann nicht mitpokern. Der Weg wäre damit erledigt.

Dumm nur, dass die Haushaltsordnung ihres Ministeriums den Kommunen bei Eigeninteresse ein Vorrecht beim Flächenkauf einräumt.
Kampeter: Ach wissen Sie, Papier ist geduldig. Hinter echte Männerfreundschaft müssen Richtlinien mal zurücktreten. Schon der Name „Richtlinie“ deutet ja an, dass man sich danach „richten“ kann und nicht sklavisch jeden Buchstaben befolgen muss. Auf Linien kann man in gegensätzlichen Richtungen gehen, und man kann Richtlinien abändern. Alles kein Problem.

Und das Gutachten dieses Professors aus Speyer, das die Rechtsauffassung der Stadt in der Kauffrage stützt?
Kampeter: … ist rausgeworfenes Geld. Wir können flugs zwei Gegengutachten zaubern. Die Stadt täte besser daran, ihr bisschen Kohle für andere Zwecke einzusetzen.

Tja, dann danke für dieses sehr offene Gespräch!
Kampeter: Gern! Tat gut, so ungeschminkt zu reden.

Erschienen am 07.05.2010

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