Alarmismus

über Versuche von Kindesentführung, die es offenbar gar nicht gab

Die Grenze zwischen Wachsamkeit und Paranoia ist fließend, das lehren die beiden Fehlalarme in Sachen Kindesentführung erneut. So sehr das Wegsehen von Nachbarn, Freunden oder Passanten in vielen tragischen Fällen Misshandlungen oder Missbräuche erst ermöglicht hat, so wenig ist der Sache doch mit Hysterie gedient – in Zeiten von E-Mail und Facebook sind Gerüchte und Verdächtigungen im Nu verbreitet, und selbst die Medien spielen dabei nicht immer die rühmliche Ausnahme, die sie dank eigener Recherchekraft spielen sollten. So hat ein Radiosender die Panik einer Potsdamer Mutter ungeprüft übernommen und über zwei Versuche von Kindesentführung berichtet, die laut Polizei nie stattgefunden haben. Nun sind zehn Fehlalarme noch immer besser als eine echte Entführung, doch das heißt nicht, dass sie unproblematisch sind: Solche Fehlmeldungen schüren ein Klima von Hysterie, das dazu führt, dass die Polizei zu Spielplätzen gerufen wird, wenn dort jemand die Kinder fotografiert – selbst wenn es nur der Vater oder ein Freund der Familie ist, der den Sprößling auf dem Klettergerüst ablichtet. Zwischen kritischer Aufmerksamkeit und Alarmismus ist es nur ein schmaler Grat – aber er sollte breit genug für gesunden Menschenverstand sein.

Erschienen am 01.10.2011

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