Kluge Idee

Jan Bosschaart über städtebauliche Weisheit in Abrissverfügungen

Bevor sich nun das Heer der Klagenden erhebt und den Umstand beweint, dass schon wieder historisch rekonstruiert werden soll in dieser Stadt, diesmal in der Pufferzone der Französischen Kirche, sei darauf hingewiesen, dass schon die heftiger Preußentümelei unverdächtige DDR es war, die zwar die Ruinen der Holländertypenhäuser für den sozialistischen Fortschritt in Form eines Hubschrauberlandeplatzes aus dem Stadtbild tilgte, zugleich aber aufgab, sie dereinst wiederzuerrichten, um der Französischen Kirche – was für ein bürgerlich-ästhetischer Gedankengang! – ihre Maßstäblichkeit zurückzugeben. Wie klug und weitsichtig das war, wird ersichtlich, wenn man erstaunt bemerkt, wie groß die Kirche neben dem Neubau plötzlich wirkt, und wie ganz ungerechtfertigt klein sie so ohne Kontext auf dem Bassinplatz stehend derzeit noch anmutet. Der Auftrag aus der Abrissverfügung von 1987 hätte auch vom heutigen Gestaltungsrat stammen können. Zugleich handelt es sich um eine städtebaulich kluge Entscheidung. Wenn nun dank Sonntagsverkaufsverbotes das Holländische Viertel wirklich wüst fallen sollte, baut die Stadt halt das „Kleine Holländerviertel“ wieder auf – für Senioren. Die haben dank demografischen Wandels in den nächsten Jahrzehnten nämlich ganz sicher Konjunktur.

Erschienen am 10.03.2011

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