Nicht verdient

Jan Bosschaart über die Wirkung von Sumoringern beim Damenballett

Reiner Becker ist nichts vorzuwerfen: Der Architekt der neuen Bibliotheksfassade hat sein Bestes getan. Sofern es sich anhand einer Simulation beurteilen lässt, sieht die Stadt- und Landesbibliothek nachher deutlich besser aus. Doch wie ein Sumoringer auch nach einer Gesichtsoperation im Damenballett auffallen würde, heilt das Facelifting nicht den Widerspruch, in dem der Klotz künftig zu seinen angrenzenden Fassaden und zum Rest seines Quartiers steht. Die Hässlichkeit der gegenüber liegenden Wilhelmgalerie als Referenz ins Feld zu führen, hilft da nur begrenzt. Ebenso gut könnte man Potsdams Bahnhof gegen jedes architektonisch ambitionierte Bauvorhaben in der Stadt in Stellung bringen. Doch auch die Kulturbeigeordnete hat recht: Es ist an der Zeit, dass die unselige Debatte an ein Ende gelangt. Fünf Jahre, in denen das Haus weiter verfiel, haben genügt. Da es bisher nicht gelang, sich auf eine städtebaulich verträgliche Version zu einigen, wird das auch künftig nicht geschehen. Derweil verfallen die Fördermittel. Bedauerlich ist neben dem rein ästhetischen Schmerz vor allem, dass es in der hitzigen Debatte zuweilen aussah, als stünde der Nutzen der Bibliothek oder ihr gesamter Standort im Zentrum zur Diskussion. Das aber hatte sie nun wirklich nicht verdient.

Erschienen am 12.02.2010

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