Archiv für die Kategorie „Glosse“

Endlich!

Donnerstag, 31. Juli 2008

Jan Bosschaart über eine Ernährungsstudie, die längst überfällig war

Wir haben es ja immer geahnt, dass Vegetarier keine echten Kerle sind. Diese ganze Weinerlichkeit wegen ein paar geschlachteter Säuger; diese Genussunfähigkeit, wenn alles Fleisch außer totgestreichelten Tieren auf dem Teller blieb, das wirkte nicht eben wie die Inkarnation des Maskulinen auf uns. Da begrüßen wir eingefleischten Tofu-Brätling-Verweigerer, dass die Wissenschaft nun, nach Jahren voller Studien über Schädlichkeit und Schändlichkeit des Fleischgenusses, einmal unsere Sprache spricht: Ein Harvard-Mediziner fand heraus, dass der Verzehr von Soja-Produkten die Spermienqualität nachhaltig beeinflusst. Tofu-Typen, so die Studie, bilden nur halb so viele Spermien wie Eisbeinesser aus. Die Begründung dafür ist Wasser auf die Mühlen unserer Vorurteile: Soja enthält Isoflavone, die im männlichen Körper wie weibliche Hormone wirken. Ha! Ihr Weichlinge! Ihr Mädchen! Im Lichte der neu gewonnenen Erkennntis völlig überflüssig ist daher eine zweite Meldung, nach der vegan lebende junge Eltern ihre Ernährung vorübergehend umstellen sollten, weil Babys Eisen benötigen. Wir fragen an dieser Stelle besorgt und hämisch zugleich: Welche Babys?

Erschienen am 31.07.2008

Der andere Wochenrückblick III

Samstag, 21. Juni 2008

Angefangen haben die Abiturienten: Sie lassen seit zehn, zwölf Jahren ihre Freude über die erreichte Hochschulreife in neonfarbene Buchstaben gerinnen und fahren Botschaften wie „Abi 1997“ auf ihren Autos durch die Gegend. Wie jede erfolgreiche Idee, zeitigte auch diese Nachahmer: Autos sind inzwischen ein Ausdrucksmittel, nicht nur als Statussymbol oder Fahnenmast zu EM-Zeiten. In den USA etwa fährt man seine Parteienpräferenz als Aufkleber auf der Stoßstange spazieren. Hierzulande werden auch andere Erfolge auf dem Blech oder der Scheibe notiert: „Papi 2002“ ist da zu lesen oder „Opi 2004“. Dass in dieser Woche in Falkensee gleich zwei Fahrzeuge gesichtet wurden, die die Welt von „Scheidung 2007“ und „Trennung 2008“ unterrichteten, hebt die Expressivität der Karosserie jedoch auf eine neue Ebene. Was zunächst wirkt, als wolle man dem Hintermann ungefragt einen Blick in die Privatsphäre aufzwingen, erweist sich bei genauerem Nachdenken jedoch als sinnvoll: Schließlich teilt der Fahrer mit, dass er jetzt wieder am Verkehr teilnimmt.

Der andere Wochenrückblick II

Samstag, 31. Mai 2008

Der Einzelhandel stellt sich bereits auf die Kommunalwahlen ein: Seit einigen Tagen führt ein Falkenseer Supermarkt lutschbare Verletzungen. Doch, ja, richtig gelesen: Es handelt sich um lebensecht nachgebildete kleinteilige Blessuren wie Stich-, Schürf- und Risswunden, die nach einem Schleck mit der Zunge an beliebige Körperstellen appliziert werden können, da der solcherart angefeuchtete Zucker als Klebemittel fungiert. Alsdann soll der glückliche Träger, wie die Verpackung glaubhaft versichert, fröhlich seine Wunden leckend durch die Straßen flanieren und aller Welt beweisen, mit welch glücklichem Antlitz er das wegsteckt. Quasi ein Nach-Wahl-Produkt für Politiker jedweder (Zucker-)Couleur.

Erschienen am 31.05.2008

Der andere Wochenrückblick I

Samstag, 10. Mai 2008

Es ist selbst für einen Sechstklässler kein Problem, die Logik hinter der Regelmäßigkeit, mit der in Schönwalde Betriebsjubiläen von der Gemeinde gewürdigt werden, in den einfachen Satz zu packen: „Ab dem 25. Jubiläum wird alle fünf Jahre gratuliert.“ Mit solchen Grundschulsätzen kommt man in der Verwaltungswelt allerdings nicht weit, weshalb es angeraten scheint zu beweisen, dass der um Worte ringende Beamte den vom Steuerzahler quersubventionierten Kurs „Unklar Formulieren für mehr Intransparenz“ nicht nur besucht, sondern auch höchst erfolgreich abgeschlossen hat. Deshalb enthält der Jubiläums-Gratulations-Beschluss Schönwaldes nun folgenden Passus, der zweifelsohne zur schönsten Verwaltungsprosa der letzten Jahre gezählt werden darf: „Gratuliert wird zum 10-jährigen Jubiläum, zum 15-jährigen Jubiläum, zum 20-jährigen Jubiläum und zu jedem Jubiläum 20+5•n (n Element von Z=1 … unendlich). Unendlich in diesem Fall ist indes nicht nur „Z“ …

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Um die Havelländer zu stilvollerem Schenken zu animieren, hat ein großer Supermarkt in Falkensee seit kurzem ein hübsches kleines Präsentregal in sein Sortiment aufgenommen. Dort finden sich so reizende Dinge wie eine in Klarsichtfolie verpackte Red-Bull-Dose, die von einem Gipsengel gekrönt wird, auch Badeöl und -schwamm in Knisterklarsicht und – quasi als die Krönung des guten Geschmacks – eine Kaffeetasse für „Café Latte“. Um den subtilen Humor dieses Geschenkes für 7,95 Euro vollends erblühen zu lassen – möglicherweise ist der Beschenkte wegen Unterkoffeinierung nicht sofort in der Lage, die ganze Spannbreite dieses Wortspiels zu erfassen –, ist unter dem Schriftzug „Café Latte“ ein, sagen wir es frei heraus, Penis abgebildet, der sich fröhlich dem Mund des Kaffeefreundes entgegenreckt und dabei verschmitzt grinst. Wohl dem, der seinen Morgen mit solch diffizilem Spaße beginnen kann. Er wird wohl bessere Tage haben als der Rest von uns. Damit auch die Abende besser werden, liegt im Innenbereich der Tasse – dort, wo der fröhliche Geselle nicht hinblicken kann – noch ein Fläschchen „Pop-Korn“. Auch hier dient das Etikett mit einem – nun ja: kopulierenden – Paar quasi als sekundärliterarische Interpretationshilfe. Falls dann der Groschen immer noch nicht gefallen ist, hilft die aufs Etikett gedruckte Unterzeile: „Hilft dem Vati auf die Mutti“. Glücklich, wer so reich beschenkt wird!

Erschienen am 10.05.2008

Mehr Sicherheit dank teurer Technik

Samstag, 19. April 2008

Feuerwehr: Neue Drehleiter übergeben / Stadt konnte sparen

Die Vorgeschichte war lang, doch das Warten lohnte: Falkensee hat eine neue Drehleiter – und noch gespart.

FALKENSEE Wenn Männeraugen wie die von Kindern strahlen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Der Sohn bekommt die Eisenbahn geschenkt, die Papa nie hatte, oder die Feuerwehr ein neues Auto. Letzteres war gestern in Falkensee zu beobachten: Gestandene Männer in Uniform, die sich an Größe und Kraft ihres neuen Drehleiterfahrzeugs begeisterten, die an jedem Hebel ziehen und jeden Knopf drücken mussten, dazu ein Maschinist, der in bester Captain-Kirk-Manier auf seinem Kommandosessel vor Schalttafeln und Bildschirm thronte, per Funk den Überblick behielt und die lokale Prominenz mit einem Finger fast geräuschlos in luftige Höhen von 30 Metern und wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbeförderte.

Zunächst galt es aber, auf das edle Stück zu warten. Stadtbrandmeister Michael Sahr begann daher mit seiner Rede, in der er das neue Fahrzeug das größte Ereignis seit der 100-Jahr-Feier der Wehr im Jahr 2004 nannte. Er erinnerte an das lange Ringen um die Drehleiter, an den Stadtverordnetenbeschluss von 2006, in dem man sich schweren Herzens zu der Investition von 650 000 Euro entschloss, an die Freude über die Ernennung zur Stützpunktfeuerwehr, die das Vorhaben förderfähig machte und der Stadt in Kombination mit der Sammelbestellung des Landes fast 400 000 Euro sparte – Geld, das nun für anderen Feuerwehrbedarf ausgegeben werden kann.

Die Rede war durch, doch von der Drehleiter noch keine Spur. Die Damen brachten Sekt, die Kameraden traten von einem Fuß auf den anderen, erste Witze machten die Runde: Altbürgermeister Jürgen Bigalke, der mit an Bord saß, genieße die Aussicht über seine Stadt wohl zu lange. Die Musik spielte „Triumpfwagen des Feuers“ und niemandem fiel mehr ein Grußwort ein, da bog sie endlich mit Blaulicht um die Ecke, und in den Augen der Feuerwehrmänner stand nur noch ein Wort: Bescherung!

Erschienen am 19.04.2008

Heirat macht glücklich

Freitag, 28. Dezember 2007

Jan Bosschaart über die Vorteile der Ehe – vor allem, wenn andere sie schließen

Heiraten lohnt sich, behauptet die Wissenschaft. Ökonomisch gesehen leuchtet das ein – aber sonst? Jede Hochzeitszeitung weiß doch von den Schrecknissen der Ehe zu berichten, vom Mann, der als Raubtier startet und als Bettvorleger landet, von der Frau, die wahlweise als Schmusekätzchen oder scharfe Mieze in die Ehe geht und als waffenscheinpflichtiger Kampfdrache der Einsatzklasse wieder herauskommt – wenn überhaupt. Glaubt man den Sozialwissenschaftlern, ist das Mumpitz: Wer heiratet, wird reicher als ein Single, er trinkt weniger Alkohol (weil der Partner es verbietet), bleibt gesünder (wegen des Alkoholverbots), ist glücklicher (weil der Partner befahl, auf dem Fragebogen „ glücklich“ anzukreuzen), hat mehr Sex (ja, aber was für welchen?) und er lebt länger (ist aber viel eher bereit, zu sterben). Zudem würden verheiratete Männer mehr arbeiten und Frauen mehr lachen (darüber, dass er sich krumm macht, aber kein Bier dafür bekommt?). Ob diese „Vorteile“ außer der wissenschaftlichen Signifikanz auch Alltagssignifikanz erlangen, sei dahingestellt. Unstrittig hingegen ist, dass die Heiratsfreude der Potsdamer und ihrer „Hochzeitsgäste“ der Stadt nur Vorteile bringt: ökonomische, moralische und touristische – und die, die machen wirklich glücklich. Jeden. Auch Unverheiratete.

Erschienen am 28.12.2007

Tach ringsum!

Samstag, 11. August 2007

In der Potsdamer Polit-Elite hat sich ein Hang zur sprachlichen Pflaumigkeit breit gemacht, der jovial wirken soll, in Wirklichkeit aber nur peinlich, weil irgendwie „ossig“ ist. So in etwa lautet die These eines großen Hamburger Nachrichtenmagazins, das doch wirklich einen seiner Spitzenschreiber nach Babelsberg-Süd entsandte, um der Einweihung eines Aufzugs beizuwohnen. Ob’s nun dem Sommerloch zu klagen ist oder der Edelfeder ein besonderer Hang zu Liften innewohnt, muss ungeklärt bleiben, denn der Text lässt die Frage nach seinem Anlass aus Hamburger, ja nationaler Sicht offen. Jedenfalls gibt der Autor die Protagonisten – neben Anwohnern auch den Infrastrukturminister – gern mundartlich wieder, er lässt sie „„jefördert“, und „abjewandelt“ sagen und nutzt das nicht nur, um seinen Text lokal einzufärben, sondern auch, um dessen Süffisanz durch diesen Schwung Provinz zu steigern. Tja: Wer sich in die Mark begibt, der muss ooch mittet Berlinern auskommen. Ein paar weitere Termine, etwa mit dem Landesvater, der beim Betreten eines Raumes stets ein launig-flapsiges „Tach zusamm’“ oder „Tach ringsum“ in die Menge wirft, hätte die Edelfeder aber gelehrt: Die tun hier nicht nur so. Die sind so.

Erschienen am 11.08.2007

Das Stock-Werk

Samstag, 16. Juni 2007

„Auf geht’s“, das hielt der gewöhnliche Deutsche bislang für eine ländlich-bajuwarische Ermunterung, die dem sinnenfrohen Bergvolk den beschwerlichen Aufstieg zu den Rindviechern auf der Alm erleichtern sollte. Auch wenn die zwei Silben, knackig wie a Lederhos’n, längst legion geworden sind: Spätestens durch testweises Anhängen eines „Buam!“ gelingt die landschaftliche Einordnung des rustikalen Motivationsausrufs selbst dem Zugereisten.
Dass indes die ursprüngliche Bedeutung eine – man muss es so deutlich sagen: – handfestere ist, hat die Welt jenseits des Weißbieräquators nun von zweien erfahren, die eher für den schnellen Abstieg berühmt sind. Naheliegenderweise war es der Donau-Kurier, der „die Skilegenden Rosi Mittermeier, 56, und Christian Neureuther, 58“ mit dem endgültig aufklärenden Satz zitierte: „Seit eine Studie belegt hat, dass Nordic Walker länger Sex haben, steht meine Frau täglich mit den Stöcken neben meinem Bett und drängt: ,Auf geht’s! Auf geht’s!’“ Selbst wenn wir uns ungern vorstellen, welche Rolle die Stöcke konkret dabei spielen mögen, auch wenn wir nicht verstehen, ob es dem Altersunterschied geschuldet ist, dass der Neureuther Christian – noch? – im Bett liegen muss, während die Mittermeier Rosi die Stecken schon fest in der Hand hat, so imponiert doch zweierlei: Der in Zeiten blauer Pillen rührend naive, ja fast schon naturmystisch zu nennende Glaube, allein durch Zuruf die erhoffte Wirkung zu zeitigen und nicht zuletzt die offenkundige Vertrautheit der beiden Spezl’n mit dem breiten Repertoire der Symbolik des Liebesspiels.
Haben nicht schon unzählige Romanciers und Regieheroen, Maler und Musiker, Psychologen und Pornoproduzenten, Größen des Geistes und Groschenheftautoren den Aufstieg, die Treppe und den Gipfelsturm mit dem Akt verglichen? Taten wir den beiden munteren Margarinevertretern gar unrecht, wenn wir mutmaßten, die Vereinigung der Geschlechter sei für sie nur eine weitere Form des cholesterinbewussten Genießens? Was der Donaukurier dazu verrät, ist im Grunde nur das: bei der Rosi und dem Christian, da läuft’s offenbar wie geschmiert.

(Veröffentlicht am 16. Juni 2007)

Bye-bye, Dahme-Spreewald!

Samstag, 9. Juni 2007

Alles ein großer Irrtum – ein Resümee nach 42 Tagen und 850 Kilometern

Mithin die charmanteste Eigenschaft von Vorurteilen ist deren Beständigkeit. Für einen Lokalschreiber aus dem Norden Brandenburgs, der für zwei Monate in den Süden verschickt wurde, schien die Sache klar: LDS ist im Grunde wie OHV, nur, dass es unterhalb Berlins liegt und landschaftlich nicht so viel zu bieten hat. 42 Arbeitstage, 850 gefahrene Kilometer zwischen Schönefeld und Lübben, Klein Wasserburg und Groß Köris und verbürgte 6,25 Liter koffeinhaltiger Getränke später bleibt nur ein Resümee: Irrtum! Zunächst einmal ist der prosperierende Süden trotz explodierter Orte im Speckgürtel landschaftlich viel schöner, als wir Nordbrandenburger überheblicherweise glauben. Gut, der strahlende Frühling machte alles noch schöner, aber dennoch: LDS ist schön, auch nördlich vom Spreewald. Zweiter Punkt: Sie haben vermutlich keine Ahnung, wie gut Sie es mit dem Dahme-Kurier haben! Glauben Sie mir, eine Lokalredaktion, die mit so viel Kreativität und – doch, ja: – Freude ihre Arbeit tut, ist selten. Allein die Zahl der Rubriken und Serien – diese hier eingeschlossen – übersteigt den Einfallsreichtum der meisten anderen Lokalzeitungen um ein Vielfaches. Und dann die Kontinuität: Seit vielen Jahren ist der Redaktionsstab nahezu unverändert – von der daraus resultierenden Vertrautheit mit der Region und dem Vertrauen der Akteure profitieren Leser wie Zeitung gleichermaßen. (Ich darf das ohne Verdacht der Lobhudelei sagen, ich habe mein Zeugnis bereits…)

Drittens, und das ist vielleicht das Wichtigste: LDS verströmt einen Optimismus, den man im strukturschwachen Norden vergeblich sucht. Sicher, der Südkreis könnte besser aufgestellt sein, aber Teltow-Vermögen, Flughafen und Speckgürtel machten nicht nur Straßen und Sanierungen möglich, sondern verhinderten eine Resignation, die vielleicht die schwerste Bürde des Nordens ist. Warum Sie sich jetzt anhören müssen, wie jemand Ihnen Ihren Kreis erklärt, der erst vor zwei Monaten kam und nun – der Volontärsrotation ist’s geschuldet – schon wieder weg ist? Weil manchmal erst die Außenperspektive hilft, zu sehen, was man längst für selbstverständlich hält. Ich jedenfalls werde LDS vermissen, das Herumirren zwischen Friedersdorf und Heidesee (wo liegt das?), die Verwirrung um Kiekebusch (gehört zu Waltersdorf, das Teil von Schönefeld ist), die Suche nach Rosa Luxemburg (ein Gag für regelmäßige Plauderei-Leser) und die Seen zwischen Wolzig und Märkisch Buchholz. Bye- bye, LDS, vielen Dank! Und verpetzt mich nicht im Norden!

Erschienen am 09.06.2007

Zerrüttete Verhältnisse

Samstag, 28. April 2007

Bis gestern war mir Rosa ziemlich egal. Bis gestern!

Bislang war mein Verhältnis zu Rosa Luxemburg von Indifferenz geprägt. Wir gingen uns aus dem Weg. Ich trug ihr nach, dass ich in der Grundschule zu ihrem Todestag jedes Jahr eine Wandzeitung gestalten musste, die zwar stets den gleichen Inhalt hatte, aber dennoch nicht jährlich wiederverwertet werden durfte – trotz des Sero-Gedankens. Als Wandzeitungsredakteur war ich dem Pionierrat assoziiert, da verbot sich solches Recycling. Rosa wiederum schien sich nicht um meine Nöte zu kümmern. Vielleicht haben ihr meine Wandzeitungen auch missfallen. Kurzum: Wir nahmen keine große Notiz voneinander. Seit gestern ist das anders. Unser Verhältnis ist zerrüttet. Rosa entzog sich mir, und das nehme ich ihr wirklich übel. Die Gemeinde Schönefeld hat den nach ihr benannten Weg verbessert und wollte das mit einem Banddurchschnitt feiern. Doch wo genau? Für jemanden, der neu in der Region ist, ist der südliche Speckgürtel mit seinen explodierten Dörfer ziemlich unübersichtlich. Also führte der erste Weg ins Internet. „Rosa-Luxemburg-Weg? Kenne ich nicht!“ sagt das Internet und fragt, ob ich statt dessen die Burgunderstraße meine. Oder ein anderes Großziethen. Nein, meine ich nicht. Also auf gut Glück hingefahren, um mich durchzufragen. „Rosa-Luxemburg-Weg? Kenne ich nicht“, sagt der alteingesessene Großziethener, den ich in der Ernst-Thälmann-Straße frage (thematisch liegt Ernst ja nahe – geografisch offenbar nicht). Ob ich vielleicht ein anderes Großziethen meine? Nein, meine ich nicht. Nach 40 Minuten Fragens und Suchens werfe ich verzweifelt das Handtuch und fahre zurück. Ein Blick auf die neueste, internet-freie Karte dort zeigt: Rosa hat sich auf die grüne Wiese verkrümelt, weit hinter die Ortsgrenzen. Bisschen viel Aufwand, um sich am Wandzeitungsredakteur zu rächen!

Erschienen am 28.04.2007


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